“There’s no bad publicity except an obituary”, meinte einmal der irische Schriftsteller Brendan Behan. „Es gibt keine schlechte Presse außer Todesanzeigen“ – bis heute beweist dieser Spruch in diversen Variationen eine beeindruckende Haltbarkeit. Woran liegt das? Und die wohl wichtigere Frage: Stimmt die Aussage überhaupt – ist Publicity wirklich immer gut, auch im Fall negativer Schlagzeilen?

1985 sorgte Coca-Cola schlechte Publicity als es die Rezeptur seines berühmten Softdrinks änderte.
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In der Kunst, Behans eigener Domäne, sind solche Deutungen nicht weit hergeholt. Dort gehört der – zuweilen kalkulierte – Tabubruch zum guten Ton: Dinge, die Otto Normalverbraucher als geschmacklos empfindet, sind für ein bestimmtes Publikum gerade besonders reizvoll. Häufig befeuert der Protest der Empörten und die damit verbundene Publicity den Verkauf der kontroversen Werke erst recht. Und nicht wenige Künstler*innen haben diesen Effekt in ein erfolgreiches Geschäftsmodell verwandelt.

Warum Unternehmen manchmal ganz froh sein können, wenn es nicht allzu viel Publicity gibt

Doch bereits in der Kunst zeigt der Grundsatz, dass Publicity nur gut sein kann, Risse. Denn schließlich gibt es für jede Künstler*in auch Dinge, die sie nicht über sich in den Medien lesen will. Die Mitgliedschaft in einem schwul-lesbischen-Karnevalsverein wäre für den Rapper Bushido genauso ein PR-Desaster wie der Fund von Pestiziden in Lebensmitteln eines Bio-Herstellers, auch wenn der gesetzliche Grenzwert gerade noch eingehalten wird. Was zählt ist eben nicht, ob etwas unmoralisch oder verboten ist, sondern ob es zum Image passt und wie es bei der jeweiligen Fanbase ankommt.

Auch den Unternehmen kann negative Publicity schaden. Gleichwohl finden sich immer wieder Verbraucher*innen, die gemäß Behans Diktum hinter einem Medienskandal Absicht und strategisches Kalkül vermuten. 1985 zum Beispiel änderte Coca-Cola die Rezeptur seines berühmten Softdrinks und scheiterte damit gründlich: Nach etwa 40.000 Beschwerdebriefen an den Hersteller wurde die Neuerung schnell rückgängig gemacht. Damit war das Ganze für einige als offenbar gewollte, aber heimliche Kampagne für das Originalrezept entlarvt. Jedenfalls sah sich Coca-Cola-Manager Don Keough damals zu dem Statement genötigt: „Einige Kritiker werden sagen, dass Coca Cola einen Marketing-Fehler gemacht hat. Einige Kritiker werden sagen, dass wir das alles von vornherein so geplant haben. Die Wahrheit ist, dass wir weder so dumm noch so klug sind.“

Über die wahren Hintergründe sagte Keough wohlweislich nichts, und natürlich lassen sich die diese im konkreten Fall nicht rekonstruieren. In vielen Fällen sind die Ursachen für solche Skandale im Rampenlicht jedoch wenig glamourös: Oft sind sie schlicht das Ergebnis einer Kette von manchmal höchst banalen Fehlern, Fehleinschätzungen und Zufällen. Die Gründe: Zeitdruck, Gedankenlosigkeit, Groupthink oder einfach „weil der Chef das so will“.

Publicity muss nicht immer laut und groß sein

Dabei verspricht häufig gerade eine PR der leisen Töne den größten Erfolg. Ein Beispiel dafür liefert die Direktbank ING-DiBa. 2012 stieß einer ihrer Werbespots einigen Vegetarier*innen sauer auf, weil Basketballstar Dirk Nowitzki darin ein Stück Wurst aß. Auf der Facebook-Seite der Firma häuften sich negative Äußerungen. Statt sich hastig zu entschuldigen oder die Aufmerksamkeit zu nutzen (etwa mit „witzigen“ Posts über saftige Rendite oder magere Gebühren), hielt sich die Bank vornehm zurück und ließ den Shitstorm vorüberziehen. Denn manchmal ist Desinteresse das Beste, was einem Unternehmen passieren kann.