Heute schon geframed worden? Antwort vorweg: höchstwahrscheinlich, denn Frames bestimmen unsere Kommunikation. Rechtfertigt Ihr Energiedienstleister wieder mal seine „Preisanpassungen“? Wieso spricht er nicht von „Verteuerungen“? Oder warum berichtet der Unternehmenssprecher von einem „Umstrukturierungsprozess“ statt einer „Kündigungswelle“? Man sieht: Jeder dieser Begriffe fungiert wie ein Schlaglicht, das ein gewisses Objekt aus einem anderen, meist verschleiernden Winkel beleuchtet. Einfach erklärt: Nur, weil der Mond in manchen Nächten sichelförmig erscheint, heißt das nicht, dass er auch ebenjene Form besitzt.

Vollmond bei Nacht

Wie Frames unsere Kommunikation bestimmen

In der Sprachwissenschaft nennen sich diese „sichtbaren“ Bereiche von Begriffen Deutungsrahmen oder auch Frames – ein Ausdruck, der zuletzt vor allem durch den Sachbuchbestseller Politisches Framing von der Kognitionsforscherin Elisabeth Wehling den Weg ins öffentliche Bewusstsein gefunden hat. Tatsächlich gehört das Framing, also der Prozess, der bei der Adressat*in einer Botschaft gewisse Deutungsrahmen aktiviert, zum notwendigen Rüstzeug einer jeden professionellen Kommunikator*in. Ist Framing also Manipulation? Geht es darum, Menschen den Blick zu richten, um von unschönen Details abzulenken? Oder kann die implizite Tatsachenbewertung vielleicht doch ganz nützlich sein? – Es kommt, wie meist im Leben, darauf an.

Frames beißen nicht

Wie bereits angedeutet entkommen wir dem Framing nicht. Wir framen im Alltag sogar selber, meist wohl unbewusst, wenn wir zum Beispiel unsere Stimmungslage sprichwörtlich durch den Blick auf ein halbvolles respektive halbleeres Glas Wasser beschreiben. Dieses einfache Bild hilft uns dabei, eine Menge Worte zu sparen und die Geduld des Gegenübers nicht überzustrapazieren. Wer nun salopp drauflosframet, dem sei zur Vorsicht geraten: Frames ergeben sich immer aus der Summe der subjektiven Lebenserfahrungen eines Menschen. Ein Klassiker des falschen Framings ist es, Redewendungen wortwörtlich in andere Sprachen zu übersetzen und dabei kulturelle Hintergründe mit einem Handstreich beiseite zu schieben (sehr witzig: „Shooting fish in a barrel“).

Aufgabe der Kommunikator*in: Passende Sprachbilder finden

Was im Alltag unbewusst passiert, gehört zum Tagesgeschäft jeder professionellen Kommunikator*in. Da Sprache ohne Frames nicht funktioniert, liegt die besondere Kompetenz der Kommunikator*in darin, die Deutungsrahmen ihrer Zielgruppe zu erkennen und passende Sprachbilder zu finden. So kann sie Meinungen bewusst bilden und steuern. Beispielsweise ist es ein gängiger Kniff, nicht von einem lähmenden „Problem“, sondern von einer die Tatkraft aktivierenden „Herausforderung“ zu sprechen. Das motiviert. Am Ziel vorbei schießt das Framing zugegebenermaßen, wenn zum Beispiel der Top-Manager seine Mitarbeiter*innen nur noch als seelenloses Humankapital dekliniert (folgerichtig zum Unwort des Jahres 2004 gewählt). Hier spornt das Framing alles andere als an – und drückt soziale Kälte aus.

Um auf dem schmalen Grat zwischen nützlichem und irreführenden Framing zu wandern, bedarf es also kommunikativen Geschicks – eine Fähigkeit, die wie ein Handwerk und mit einer gewissen Leidenschaft durchaus erlernbar ist. Der englische Sprachforscher Samuel Johnson pflegte einmal zu sagen, Sprache sei die Kleidung der Gedanken. In diesem Sinne passt sie maßgeschneidert stets am besten.

Weitere Begriffspaare mit verschiedenen Frames finden sich in leicht verdaulichen Häppchen zum Beispiel beim @wortgucker auf Twitter. Welche Framing-Beispiele fallen Ihnen ein? Ich freue mich auf Ihre Kommentare.

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