Schon mal verständnislose Blicke geerntet, als Sie im Gespräch Ihren Studiengang erwähnt haben? Wenn ja, dann sind Sie mit großer Wahrscheinlichkeit Geisteswissenschaftler*in. Mit ein bisschen Glück gehören Sie noch zu denjenigen, die mit ihren Fächern immerhin Lehrer*in werden können. Ein gesellschaftlich anerkannter Job, von dem man leben kann.

Quereinsteiger*innen schlagen oft neue und unbekannte Wege ein. Viele Branchen profitieren davon maßgeblich.
Quereinstieg: Warum viele Branchen davon profitieren. Bild: Gerd Altmann

Als Archäologin in einer PR-Agentur

Deutlich weniger Verständnis brachte man mir mit meiner Fächerkombination entgegen. Denn mit Ägyptologie, Ethnologie und Vorderasiatischer Archäologie konnte ich keine Lehrerin werden, geschweige denn einen wertvollen Beitrag zum Bruttosozialprodukt leisten…

Nicht gerade selten habe ich Sätze gehört wie: „Was willst du denn damit machen? Taxi fahren? So bekommst du nie eine Stelle.“ Tja, ich kann dazu nur sagen: Weit gefehlt! Denn seit drei Jahren arbeite ich als PR-Beraterin in der PR-Agentur Communication Harmonists ‒ einer B2B-Agentur für Technologie und Wirtschaft.

Wie ich als Archäologin in eine PR-Agentur gekommen bin? Ganz einfach: Quereinstieg. Ein Thema, dem viele Unternehmen sehr positiv gegenüber stehen. Denn nicht immer ist frühe Spezialisierung das Nonplusultra.

Quereinstieg: Warum viele Branchen davon profitieren

Quereinsteiger*innen tragen mit ihren Erfahrungen und bunt gemischten Kompetenzen einen großen Mehrwert und frischen Wind ins Unternehmen: Quereinsteigen heißt oft eben auch querdenken, hinterfragen, über den Tellerrand schauen. So bringen zum Beispiel Absolvent*innen der belächelten „Orchideenfächer“ häufig seltene Sprachkenntnisse mit – und die können dabei helfen, neue Absatzmärkte zu erschließen.

Während des Studiums hätte ich nicht im Traum daran gedacht, PR-Texte zu komplexen IT-Themen zu verfassen oder Kommunikationskonzepte für Verpackungsunternehmen zu schreiben. Ich sah mich eher als weiblichen Indiana Jones, Todestempel ausgraben und in Bibliotheken alte Handschriften entziffern. Doch die Arbeitsplätze in der Archäologie sind rar und sehr beliebt ‒ eine gute berufliche Alternative sollte man also stets in petto haben. Meine war das kreative Texten. Durch ein Redaktionspraktikum lernte ich die Welt des Schreibens kennen und lieben. Es folgten freiberufliche Tätigkeiten und diverse Lektorate. Die gewonnen Erfahrungen führten mich schließlich zu einem Verlagsvolontariat in der Abteilung für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ‒ eine Zusatzausbildung, die für meinen Quereinstieg bei Communication Harmonists essentiell war.

Mein Quereinstieg in die PR-Branche

Obwohl die Berufsbezeichnung der PR-Berater*in nicht geschützt ist und es auch keine formalen Zugangsvoraussetzungen für diesen Beruf gibt, ist der Quereinstieg in die PR-Branche nicht so einfach, wie man vielleicht vermutet. Ein abgeschlossenes Studium, ein abgeschlossenes Volontariat und Erfahrungen in Journalismus, PR oder Medienwissenschaften werden vorausgesetzt. Zusätzliche Kenntnisse etwa in Betriebswirtschaft, Informatik oder Medienrecht vervollständigen idealerweise das Profil einer PR-Berater*in. Und allen Professionalisierungsrufen der Branche zum Trotz – ein Studien- oder Ausbildungsgang, der all das abdeckt und so viele praktische Erfahrung vermittelt wie ein Volontariat, dürfte schwer zu finden sein.

Wenn mich heute jemand fragt, ob meine Studienjahre vertane Zeit waren, verneine ich selbstbewusst. An der Universität habe ich gelernt mich und meine Arbeit zu organisieren, selbstständig zu arbeiten und mich in komplexe Themen einzuarbeiten ‒ Kompetenzen, die nicht nur in der PR-Branche Gold wert sind. Deswegen sage ich: Studieren Sie, was Ihnen gefällt und trauen Sie sich, Quereinsteiger*in zu sein!

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Gabriele Lebek

Kommunikationsdesignerin und Marketingreferentin