„Immer mehr Menschen bleiben immer länger beieinander, und die Zeit scheint stillzustehen. Viele von uns werden gleichzeitig mit ihren Eltern, Großeltern und Urgroßeltern auf der Welt sein“, schrieb der leider jüngst verstorbene FAZ-Mitherausgeber Frank Schirrmacher, Warner vor der demografischen Bombe, vor wenigen Jahren in seinem Buch „Das Methusalem-Komplott“. Stichwort demografischer Wandel.
In fast allen Ländern der Welt steigt die Lebenserwartung kontinuierlich. Wurden die Menschen im 19. und frühen 20. Jahrhundert noch aufgrund besserer Ernährung immer älter, ermöglicht seit einigen Jahrzehnten der medizinische Fortschritt ein noch längeres Leben. „Jedes zweite kleine Mädchen, das wir heute auf den Straßen sehen, hat eine Lebenserwartung von 100 Jahren, jeder zweite Junge wird aller Voraussicht nach 95“, schrieb Schirrmacher. Seit Jahren wissen wir von dieser Entwicklung mit ihren dramatischen Auswirkungen in allen Bereichen der Gesellschaft.
Demografischer Wandel im Interesse des Marketings
Ab wann auch immer der Mensch „alt“ sein mag – die Gruppe der Senior*innen wächst und wächst. Und genau davon sollten Unternehmen profitieren. „Wer heute auf Kunden 50plus setzt, besitzt morgen die Macht- und Wachstumsfelder der Zukunft“, sagt Politik- und Wirtschaftsberater Prof. Horst Opaschowski. Das bedeutet für das Marketing natürlich nicht, die Jungen auszuschließen – ganz im Gegenteil. Wenn Markenartikler*innen die Interessen der Alten berücksichtigen, werden sie die Jungen nicht vergraulen. Denn es gibt durchaus Übereinstimmungen in diesen Zielgruppen. Ein wichtiger Markenbotschafter für beide Marktsegmente ist die Verpackung.
Die Senior*innen, häufig auch als „Best Ager“ oder „Silver Surfer“ bezeichnet, sind erfahrene Verbraucher*innen, die wissen, was sie wollen. Die vor allem auch genau sehen möchten, was sie kaufen. Dafür sind gut lesbare Informationen beispielsweise zu Inhaltsstoffen oder Mindesthaltbarkeitsdatum auf der Verpackung wichtig. Generell wollen die älteren Käufer*innen ihre Marke sofort wiedererkennen. Wer seine Zielgruppe nun besonders verärgern möchte, der produziert Verpackungen, die die Verbraucher*in nur mit großem Aufwand öffnen kann. „Convenience“ ist das Schlagwort: Viel zu oft erschweren heute noch zu kleine Öffnungslaschen die Handhabung der Verpackung. Bei in Kunststoff eingeschweißten Produkten (zum Beispiel Wurst oder Käse) beschwert sich über die Hälfte der Senior*innen über Probleme bei der Öffnung.
Verpackungen für die Alten
Trotz des nach wie vor enormen Handlungsbedarfs der Industrie landen immer mehr Verpackungen in den Regalen, die die Interessen der Senior*innen berücksichtigen. Als „höfliche Verpackung“ zeichnet zum Beispiel der Wettbewerb „SilverPack“ Verpackungen aus, mit denen Alt und Jung perfekt zurechtkommen. Preisträger 2014 ist der wiederverschließbare FreshPack einer bekannten Käsemarke.
Ein weiter Aspekt ist die Inhaltsmenge. Was die hohe Anzahl der Single-Haushalte längst schon erfordert, wünschen sich auch die Senior*innen: Verpackungslösungen, die Portionierungsmöglichkeiten vorsehen, gut zu lagern und lange haltbar sind. Aber bitte keine „Portionen für Senior*innen“; die sind genauso verhängnisvoll wie „Senior*innen-Handys“. Denn niemand wird gern als „alt“ bezeichnet. Vielmehr gilt es, kommentarlos auf die Zielgruppe der Zukunft einzugehen, und dabei die Jungen nicht aus den Augen zu verlieren. Die demografische Entwicklung bietet vor allem Chancen. Diese zu nutzen ist eine der wichtigsten Marketingaufgaben der nächsten Jahre.