Mit Gelmatte, Hornbrille und extravaganter Garderobe erinnern manche PR-Berater*innen auch heute noch an „Hummerknacker im Stresemann“. So charakterisierte der PR-Berater Hans Eisele einmal spöttisch die ersten deutschen PR-ler*innen der Nachkriegszeit. Sie hielten sich zur Beziehungspflege offensichtlich gern bei schicken Festivitäten auf. Vorbei sind die Tage nicht: Wo Macht, Geld und schöner Schein zelebriert werden, kreisen immer auch PR-Leute wie Motten um eine brennende Kerze – ein gewisser Schlag zumindest. Und so leben PR-Klischees weiter.
Von schwarzen Schafen und schönem Schein
So auch ein britischer PR-Berater, der als „spin doctor“ zu zweifelhaftem Ruhm kam. Als Enthüllungsspezialist kannte er die schillernde Halbwelt des Showgeschäfts bestens – und wilderte dort ausgiebig. Seine Beute: sogenannte kiss-and-tell-Stories. Diesen pikanten Geschichtchen gab er den richtigen Dreh und platzierte sie in diversen Boulevardblätter – auf Wunsch seiner Kund*innen, die damit andere verleumden oder selbst groß raus kommen wollten. Er selbst verdiente daran fürstlich. Mit Gerüchten über ein Techtelmechtel David Beckhams mit einem Model etwa fütterte er die skandalsüchtige britische Yellow Press. Für über eine Million Pfund.
Auch hierzulande verstehen sich manche Berater*innen gerne als „Beziehungsmakler*innen“. Sie halten sich bevorzugt dort auf, wo die Mächtigen und Gutbetuchten sich die Klinke in die Hand drücken – jedoch nicht unbedingt zu deren Vorteil. Dass diese „Berater*innen“ sich dabei nicht selten in rechtlichen Grauzonen zwischen Politik und Wirtschaft bewegen, scheinen sie stillschweigend in Kauf zu nehmen.
Zwielichtige Berater*innen bestärken hartnäckige PR-Klischees
Mit PR, wie ich sie jeden Tag erlebe, hat solches Taktieren und Mauscheln nichts zu tun. Sicher: Allein die DPRG kennt zwölf Definitionen von PR. Das Berufsfeld ist extrem deutungsoffen. Wer „Öffentlichkeit“ und „Beziehungen“ weit genug fasst, für den gilt vielleicht schon das Ausschlachten peinlicher B-Promi-Amouren oder fragwürdiger Lobbyismus als PR. Doch wie im Spaghettiwestern tummeln sich auch in der Öffentlichkeitsarbeit „The Good, the Bad and the Ugly“.
Letztere dienen mit horrenden Honoraren vor allem sich selbst. Maßstab für die PR seriöser Agenturen bilden aber gerade der Respekt der Kund*innen und die Orientierung an deren Bedürfnissen. Beziehungsmanagement spielt dabei auch eine Rolle – aber selten als Hauptzweck. Das Kommunikations- und Beziehungsgeflecht ist, zumindest jenseits des Boulevards, doch meist komplexer, als dass es sich mit einer einzigen Strategie strukturieren ließe. Öffentlichkeitsarbeit erlebe ich bei Commha als facettenreichen Prozess, der über zahlreiche Kanäle und in mehreren „Welten“ abläuft – on- wie offline. Geschichten „drehen“ und platzieren auch wir. Dabei interessiert uns aber weniger, was unsere Kund*innen privat treiben, sondern wie sie öffentlich wahrgenommen werden wollen. Image-Aufbau und –pflege, nicht Rufschädigung gehören deshalb zu unseren Kernaufgaben.
Die eher zwielichtigen Berater*innen lassen all dies in ihrer pervertierten Deutung von PR außen vor. Das Nachsehen hat die gesamte Branche und kämpft mit hartnäckigen PR-Klischees: Blender*innen, Manipulator*innen, „Sekthalter*innen“ – so ein Bonmot des früheren VW-Kommunikationchefs Klaus Kocks. Genugtuung mag weniger dubiosen PR-ler*innen verschaffen, dass solche schwarzen Schafe nicht immer ungeschoren davon kommen. Bei dem britischen PR-„Guru“ war es Ironie des Schicksals: Er verbrannte sich die Finger an jener Glamour-Welt, mit der er sich die Taschen füllte. Im Mai wurde er wegen diverser Delikte zu acht Jahren Haft verurteilt.