Wenn meine ehemaligen Soziologie-Kommiliton*innen heute von mir wissen wollen, was PR eigentlich ist und worin der Unterschied zu Marketing besteht, wage ich die Reduktion auf das Wesentliche: Marketing, erläutere ich dann, ist laut Gabler-Wirtschaftslexikon eine unternehmerische Denkhaltung und Aufgabe, die die konsequente Ausrichtung der gesamten Unternehmung an den Marktbedürfnissen zum Ziel hat. PR ist nach Definition der US-amerikanischen Wissenschaftler James E. Grunig und Todd Hunt Bestandteil des Marketings und „managed“ die Kommunikation zwischen Unternehmen und der Öffentlichkeit.

Die digitale Revolution und ihre Auswirkungen auf Marketing und Kommunikation.
Digitalisierung verändert die Arbeit. Bild: Gerd Altmann

Digitalisierung verändert die Arbeit

Meine Antworten schinden meistens Eindruck. In der Realität ist eine Grenzziehung allerdings kaum noch möglich. Denn die Arbeit von Marketern und Kommunikator*innen ist durch die digitale Revolution Anfang des Jahrtausends deutlich komplexer und unübersichtlicher geworden. Gründe hierfür sind die gestiegenen Konsumentenanforderungen an Unternehmen und folglich an deren Marketing- und PR-Spezialist*innen. Dabei sind neben Markeninhalten heute vor allem die Menschen und die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens entscheidend für das Kaufverhalten. Diese neue Erwartungshaltung führt dazu, dass Marketer und Kommunikator*innen immer häufiger als Multi-Channel-Manager*innen in sich überschneidenden Aufgabengebieten fungieren.

Obwohl die übergeordneten Ziele beider Bereiche – beispielsweise die Absatzerhöhung oder ein Imagewandel – noch immer identisch sein können, verschwimmen die Unterschiede zwischen beiden Disziplinen zusehends. Dadurch wird auch die Entwicklung und Umsetzung der erforderlichen Marketing- und PR-Klaviatur komplexer.

Digitale Revolution – ein Unternehmensbeispiel

Ein gutes Beispiel hierfür ist die unternehmensstrategische Ausrichtung für den rasant gewachsenen Web 2.0-Bereich: Bis heute sind sich viele Firmen uneins, in welchen Abteilungen sie die Betreuung eigener Social Web-Kanäle idealerweise ansiedeln sollen: im Marketing oder in der PR – oder vielleicht sogar in der IT?

Stellen wir uns vor, ein Unternehmen möchte seine Fans über eine App auf Facebook ein neues Produkt kreieren lassen und ruft hierzu ein Gewinnspiel aus. Wer wäre für welchen Schritt in Planung und Umsetzung verantwortlich? Nach gemeinsamer Strategieentwicklung übernähme das Marketing die Koordination und Evaluation, die PR die kommunikative Begleitung und die IT die technische Betreuung.

Eines wird bei genauer Betrachtung klar: Derartige Aktionen können nur in enger Teamarbeit zum Erfolg führen. Im Bereich Web 2.0 hat sich in den vergangenen Jahren sogar eine neue Profession entwickelt. Social Media-Manager*innen bilden neuerdings das Bindeglied und führen Marketing, PR und IT für Online-Kanäle zusammen.

Der Web 2.0-Bereich ist nur ein Beispiel dafür, wie stark sich die Anforderungen und die Arbeit von Marketern und Kommunikator*innen in den letzten Jahren durch die digitale Revolution verändert haben. Der Schlüssel zum Erfolg im neuen Marketing- und PR-Zeitalter liegt im Aufbau interdisziplinären Wissens. Mehr denn je ist ein Blick gefordert, der weit über den Tellerrand hinausgeht.