Public Relations: Ausgeschrieben lässt „PR“ schon erahnen, welche Sprache in unserem Berufsfeld dominiert. Englisch. Das spreche und verstehe ich eigentlich ziemlich gut. Meine ersten Wochen Agenturalltag fühlten sich allerdings an wie Urlaub in einem fernen Land: Ich konnte die Sprache nicht. Anfangs lächelte und nickte ich nur unwissend, bis ich anfing nachzufragen oder in unser internes Wiki – eine Datenbank wie Wikipedia– zu schauen. Mein neues Wissen schrieb ich gleich auf und machte aus meinem Notizbuch so allmählich ein kleines Lexikon der Fremdsprache „PR“.
Darin steht jetzt, was Change und Issue Communication, Social Collaboration Tools oder ein Media Pitch sind. Ich weiß jetzt, wie man ein Media Kit findet – und wofür man es braucht. Ich kann erklären, was B2B tatsächlich bedeutet, und wofür die Abkürzung PI steht. Einige Wochen hat es natürlich gedauert, aber jetzt geht mir die neue Fremdsprache sehr viel leichter über die Lippen.
Eine Fremdsprache für sich – PR will gelernt sein
In diesem Anglizismen-Dschungel erlebe ich immer wieder eine kleine Erleuchtung. Denn obwohl ich schon einige Wörter kenne, erschließt sich ihre Bedeutung oft erst in der Anwendung. So zum Beispiel bei KPIs: Auf Nachfrage fand ich heraus, dass die Abkürzung für Key Performance Indicators steht – so weit, so gut. Wirklich vorstellen konnte ich mir aber auch unter der Auflösung nichts. Was sollen denn bitte „Schlüssel-Vorstellungs-Indikatoren“ sein? Erst als KPIs in einer meiner Aufgaben auftauchten, verstand ich mehr als Bahnhof: Sie beschreiben ein wichtiges Tool zur Erfolgskontrolle, beispielsweise von Presseinformationen. Wieder was gelernt!
Die neuen Vokabeln im Alltag zu gebrauchen fiel mir zunächst nicht leicht. Eine besondere Herausforderung war für mich, dabei auch noch halbwegs natürlich zu klingen – knifflig bei so vielen Fachbegriffen. Denn gerade von Familie und Freunden ernte ich immer wieder genervte Blicke, wenn mir ein Satz rausrutscht wie „Nach dem Call hab ich ein paar Bullet-Points mit Input für die Pitch-Präsentation zusammengestellt.“ Spiel dich nicht so auf, scheinen sie mir sagen zu wollen. Dabei hat das mit gewollter Angeberei wenig zu tun. Dieses PR-Denglisch ist in unserer Branche so üblich wie die crème brûlée in der Gastronomie – „Pudding mit Zuckerkruste“ sagt da ja auch keiner.
PR ist Sprachakrobatik
Nach zwei Monaten Praktikum habe ich mich fast an das bilinguale Business gewöhnt und gelernt: PR ist in Teilen Sprachakrobatik. Wer hier erfolgreich werden will, muss nicht nur strategisch denken, sondern auch mit Wörtern jonglieren können. Eben Wortartist sein. Dass unsere Arbeitssprache also voll mit hübschen, schlauen Wörtern ist, verwundert kaum. Jetzt ist mein Urlaub im Land der Öffentlichkeitsarbeit vorbei. In meiner Freizeit verzichte ich auf all die Fachbegriffe, die ich davor mit Begeisterung gelernt habe. Falls ich einen vergesse, schau ich einfach in mein Lexikon – was waren nochmal Boilerplates…?